Borough Market

Borough Market

Nero & Jae


Das Neonlicht der Reinigung auf der anderen Seite der Haupthalle flackerte. Wie immer. Ich fragte mich sowieso weshalb sie nachts ein Schild beleuchten mussten wenn sie doch sowieso nicht geöffnet hatten aber wer verstand schon die Muggel? Die kleine Gasse an dessen erster Laden die Reinigung war, lag somit recht finster und machte keinen sonderlich einladenden Eindruck. Wahrscheinlich würde man hier eher eine Gang oder einen Psychopaten hinter der nächsten Ecke erwarten und kein Süßwarengeschäft das tagsüber viele Schulkinder anzog. Auf der rechten Seite zog gerade Mr. Sharma das Gatter vor seinem Teppichladen herunter und schloss dieses ebenfalls ab. Die anderen Läden in den Gassen der Markthalle hatten bereits geschlossen und nur noch der türkische Dönerladen mir gegenüber ließ etwas Gefühl vom rauschenden Betrieb am Tag übrig. Wir bildeten den Eingang weshalb wir auch später erst offen hatten wenn alle anderen bereits geschlossen hatten, was zu unserem Vorteil war. Die Straßen, welche an die Markthalle angrenzten waren beliebt bei Nachtschwärmern aller Art. Und wirklich aller Art, weshalb wir bis spät am Abend oft noch Kunden hatten die sich nach ihren Schichten etwas für Zuhause mitnahmen, auf dem Heimweg etwas gegen den Alkohol brauchten oder aber die hier einfach noch etwas zur Ruhe kommen wollten. Und wer hatte sonst um diese Uhrzeit schon offen wenn man sich nicht gerade in eines der FastFood Läden am Bahnhof stürzen wollte?
Wieder blitzte das Neonlicht in meinem Augenwinkel auf während ich an der Fensterscheibe stand und den Dönerimbiss gegenüber musterte. Gerade war eine Gruppe Studenten hereingekommen weshalb alle viel zu tun hatten, das war meine Gelegenheit. Normalerweise hatte ich der Zauberei so ziemlich abgeschworen aber manchmal war ein Ratzeputz Zauber dann doch sehr praktisch wenn mir einfach nicht der Sinn danach stand das Erbrochene eines Kunden der zu viel hatte zu beseitigen oder ich stress mit dem Besitzer vermeiden wollte dem es ansonsten grundsätzlich nicht sauber genug war. So zog ich auch diesmal nach einem letzten Blick auf ungebetene Gäste meinen Zauberstab und witschte einen Moment bevor ich leise den Zauberspruch flüsterte. Im nu rückten sich alle Stühle gerade, die Tische glänzten wieder und sogar die ein oder andere Spinnwebe löste sich in sauberem Glanz auf. „Na bitte, ich habs noch drauf", murmelte ich zufrieden während ich wieder meinen Posten hinter der Theke aufsuchte um mir selbst etwas zu trinken zu machen. Viel war heute noch nicht los gewesen aber wer wusste schon, vielleicht würde sich das schon im nächsten Moment ändern.

Re: Borough Market

Re: Borough Market

Gerade hatte ich mich hinter den Tresen gebeugt um das Eis nachzufüllen, hörte ich bereits die Klingel über der Eingangstüre. Das musste einen Moment warten. "Einen Moment. Bin gleich bei ihnen", rief ich direkt um mich bemerkbar zu machen und zu signalisieren dass man nicht wieder gehen musste, aber auch dass hier nichts zu holen war. Die Gegend war auch dafür bekannt das sich hier nachts Langfinger und betrunkene Gruppen herum trieben die nichts als Ärger wollten. 
Einen Moment später erhob ich mich aber und sah über die Theke. Ein junger, wirklich gut aussehender Typ hatte sich gesetzt und zügig bei mir bestellt. "Kommt sofort", erwiderte ich und machte mich an sein Bier. Um diese Zeit war ich hier allein und so war es klar das ich mich um die gesamte Bestellung kümmern durfte. Die Schaumkrone legte sich wie von einer Welle auf das goldene Gebräu und nachdem ich es dem Kerl hingestellt hatte, widmete ich mich in Sichtweite seinem Essen. Ein normales Menü wie auf der Karte? Langweilig. Immer die selben frittierten ungesunden Sachen die mein Chef so praktisch fand, wo man aus den gleichen Zutaten doch ganz anderes zaubern könnte. So wie der Typ aussah war er aber kein gewöhlicher 0815-Kerl, ob ich es wagen sollte?. Kurz lugte ich durch die offene Tür zu dem Gast. "Darf es auch etwas ausgefallener sein? Sie sehen so aus als könnten ich sie für etwas besonderes begeistern? Keine Sorge. Der Preis und die Zutaten bleiben die gleichen", bot ich ihm an und hoffte das ich mich nicht in ihm getäuscht hatte.

Re: Borough Market

Als ich wusste, dass meine Bestellung bearbeitet würde, zog ich auch endlich meine Lederjacke aus und hing sie hinter mir auf den Stuhl, auf welchem ich gerade saß.
Trotz der teuren Jacke, trug ich darunter nur ein simples weisses Hemd, was bis zur Brust zugeknöpft war und mir somit einen Ausschnitt gab, über dem eine Kette baumelte.
Als ich das Bier hatte, trank ich gleich einen Schluck und war zudem erfreut, dass es auch noch echt gut geschmeckt hatte.
Auf die Frage hin, ob ich auch was anderes essen wollte, überlegte ich kurz, da ich schon das für mich beste von der Karte ausgesucht hatte.
"Klar, wenn sie mir da etwas empfehlen können, bin ich neugierig darauf", lachte ich sogar etwas.
Da es spät war, wollte ich einfach was Essen, ich kam zuvor nicht dazu und war dementsprechend sehr hungrig.
Da ich dir dabei zusehen konnte, tat ich dies, da hier zurzeit tote Hose gewesen war.
"Sind sie heute alleine im Lokal?", Fragte ich neugierig, Glück für mich, doch umso näher ich dich ansah umso mehr breitete sich das Gefühl aus, dass ich dich kannte.
"Entschuldigen sie, wenn es zu persönlich ist, aber kennen wir uns vielleicht?", Dieses Gesicht kam mir auf alle Fälle sehr bekannt vor, irgendwoher, warst du vielleicht Mal bei einem meiner Auftritte?
Oder kannte ich dich von woanders? Das wollte ich noch wissen, doch ich war mir sicher, dich zumindest schonmal gesehen zu haben.

Re: Borough Market

Um diese Uhrzeit war es den meisten herzlich egal wie derjenige herum lief der sie Bediente, außer vielleicht eine Lady würde jemanden noch abschleppen wollen. Aber so recht hatte ich die Hoffnung jemanden auf der Arbeit kennen zu lernen schon lange aufgegeben. Allgemein waren feste Beziehungen nicht wirklich mein Ding, vor allem wenn es irgendwann bei Muggeln um meine Magie ging. Zu Zauberern hatte ich lange keinen wirklichen Kontakt mehr. Es war sicherer in der Muggelwelt unter zu tauchen in welcher meine Familie und ihre Feden mich nicht erreichen konnten. So hatte ich mich auch an die Mode der Muggel gewöhnt und trug schwarze Jeans welche an den Knien leicht aufgerissen waren und ein offen geknöpftes Langarm Shirt bei welchem ich die Ärmel hochgekrempelt hatte. Hier interessierte sich schließlich niemand für die typischen Tattoowierungen der Triade meiner ach so tollen Familie welche zum Teil mit Zaubern belegt waren. Lugte also ein Teil hervor würde man es nur als irgendein Tattoo erkennen und selbst wenn sich hierher ein Zauberer verirren sollte, blieb genug verborgen. Die Schürze hatte ich mir um den Bauch gebunden als ich in die Küche ging und wischte mir die gewaschenen Hände an dem daran befestigten Handtuch ab, während ich auf die Antwort wartete. 
"Okay, das klingt gut. Lassen sie uns das Leben doch etwas interessanter machen", trällerte ich und war überrascht. Sonst mochten die Leute ihre eingefahrenen Rezepte und wenn jemand von etwas abwich, wurde nur gemeckert. Ich merkte den Blick auf mir während ich mich daran machte die Zutaten zu schneiden und vorzubereiten. "Ich bin eigentlich oft allein aber manchmal hab ich noch eine Kollegin die sich um die Getränke kümmert", erzählte ich, immer dich und die geschehnisse im Laden im Augenwinkel im Blick. 
Offensichtlich war mein Blick nicht aufmerksam genug denn bei der nächsten Frage sah ich erstaunt auf und musterte ich dich eindringlicher, wobei ich mit meinem Messer etwas zu sehr vom Gemüse abgekommen und meinen Finger getroffen hatte. "Autsch", murrte ich und steckte den Finger in den Mund und angelte mir ein Küchentuch. "Ob wir uns kennen?", fragte ich nochmal als ich mich, gegen den kalten Herd gelehnt um meine Hand kümmerte und dich immer wieder an sah. "Puh, ich weiß nicht". Ja auch du kamst mir bekannt vor aber das dachte ich sowieso öfters. "Aber kann eigentlich fast nicht sein, ich bin nicht von hier wissen Sie", erklärte ich dann. 

Re: Borough Market

Re: Borough Market

Ich hätte mit allem gerechnet aber wirklich nicht das mich hier in diesem Eck Londons jemand traf den ich aus meiner Schule kannte. Beim besten Willen nicht. Ich hatte gehofft es einfach mit meiner Ausrede abgetan zu haben doch da schien ich mich geirrt zu haben. Ich hatte mich dem Essen gewidmet das verführerisch gut duftete als plötzlich hinter mir eine ganze Gruppe voll Sieben von deren Aufhängung viel und mit einem lauten Scheppern meine Aufmerksamkeit reizten. Aber damit nicht genug. Schnell den Herd runter gestellt wollte ich gerade alles aufräumen als ich mit einem Namen angesprochen wurde. Mit meinem Namen. Ohne ein Wort starrte ich dich an. Das war unmöglich. 
Es brauchte kurz und ratterte in meinem Kopf bis es irgendwann klick machte und ich die Nase mir gegenüber wiedererkannte. "Nero?", fragte ich ungläubig. "Bist das wirklich du?". Ich konnte es immer noch nicht so recht glauben als mir schon der verbrannte Geruch von Pak Choi in die Nase stieg. "Verdammt", schimpfte ich und eilte zum Herd um alles auf den Tellern anzurichten. Anstatt auf die erste Frage zu antworten, schwieg ich. Stattdessen brachte ich dir die Teller mit edel drapierten Köstlichkeiten und stellte sie vor dich. "Das gleiche könnte ich dich fragen. Ein Zauberer verirrt sich sonst nie in diesen Teil der Stadt". Irgendwie brauchte ich jetzt erstmal einen Drink, weshalb auch ich mir ein Bier zapfte und erstmal einen großen Schluck nahm. 

Re: Borough Market

Re: Borough Market

Nachdem das kühle Bier meine Kehle benetzt hatte und ich den kurzen Schockmoment etwas verdaut hatte lehnte ich mich an die Ablage hinter dem Thresen, mein Bier in der Hand und musterte dich eingiebig. Aufmerksam lauschte ich deinen Erzählungen und schüttelte ab und an ungläubig den Kopf. 
"Naja, an besonders viele von früher würde ich mich wahrscheinlich wirklich nicht erinnern aber du warst immerhin nicht nur irgendein Gesicht in der Menge mit dem ich mich nie unterhalten habe". Ich zuckte mit den Schultern. "Aber das du Musiker geworden bist, das passt wie die Faust aufs Auge", meinte ich lachend. "Das Tanzen, davon musst du mich dann wohl erst mal noch überzeugen dass du sogar dazu Talent hast". Es war so angenehm mit jemandem zu sprechen bei dem ich nicht mein ganzes Leben verstecken musste. Er wusste sicher nicht alles aber genug das ich mich freier fühlte. "Aber spiel nicht so runter das du mich "nur" verarztet hast. Du warst einer der wenigen damals mit denen ich mich wirklich unterhalten konnte". Gedankenverloren schüttelte ich etwas grimmig den Kopf. Diese ganze Triadengeschichte hatte ihre Finger bis in die Schule und ich konnte nur hoffen das du wenn dann nur einen Bruchteil der Geschichten kanntest. "Seit wann lebst du dann schon hier?", fragte ich neugierig. Dein Auftreten wirkte nicht so als würdest du erst seit kurzem hier leben und jemand der sich ebenfalls für das andere Ende der Welt entschieden hatte konnte mir nur sympathisch sein.